Kant-Café

In der Kantstraße in Berlin gab es seit den 70er Jahren und bis zum 28.02.2017 das wunderbare Kant-Café. Für den Betreiber dieser Webseite war es seit 1993 so etwas wie ein zweites Zuhause. Diese Seite hält die Erinnerung lebendig.

Fakten

Kant­stra­ße 135 (Ecke Schlü­ter­stra­ße)
10625 Ber­lin-Char­lot­ten­burg
Tele­fon 030 3124679

Milch­kaf­fee­preis: 2,40 € (Stand: 04.09.2010)

Letz­ter Öff­nungs­tag: 28.02.2017

Ich woll­te immer wie­der zurück nach Ber­lin, es hat bloß nicht geklappt. Ich bin in Char­lot­ten­burg auf­ge­wach­sen, inso­fern ver­brin­ge ich dann viel Zeit dort. Wenn ich mich mit Freun­den tref­fe, dann eher dort, aber es kommt natür­lich auch dar­auf an, wo ich gera­de unter­wegs bin.
Ich genie­ße es ein­fach, in der Stadt zu sein und ich ken­ne vie­le Orte und Bezir­ke in Ber­lin, sodass ich inzwi­schen mit vie­len Bezir­ken Sachen ver­bin­de. Aber Char­lot­ten­burg ist natür­lich mein Bezirk! Das Kant-Café in der Kant­stra­ße ist so ein Ort, das ken­ne ich noch aus Schulzeiten.

Julia Jentsch

Schau­spie­le­rin, im Inter­view mit Alex­an­der Soyez, RBB-Info­ra­dio-Film­kri­ti­ker, 14.02.2016

31. Dezem­ber 2001: Ein Zeit­al­ter endet. Eine Rech­nung über vier Deut­sche Mark für einen Milchkaffee.

Da braut sich was zusammen

von Simon Strauss, Frankfurter Allgemeine Zeitung (26.12.2017)

In der Ber­li­ner Kant­stra­ße, der rüpe­li­gen klei­nen Schwes­ter des Kur­fürs­ten­damms, gab es vier­zig Jah­re lang ein Café: das Kant-Café. Auf abge­wetz­ten Leder­bän­ken, an wacke­li­gen Holz­ti­schen konn­te man hier für fünf Euro aus­führ­lich früh­stü­cken oder einen Erb­sen­ein­topf für 2,80 Euro bekom­men. Das Lokal war immer gut besucht, Rent­ner lasen Zei­tun­gen, Stu­den­ten lern­ten gemein­sam, Sozi­al­emp­fän­ger ver­ab­re­de­ten sich zu mut­ma­chen­den Gesprä­chen. Anfang des Jah­res wur­de dem Betrei­ber gekün­digt. Inzwi­schen hat ein viet­na­me­si­scher Gas­tro­nom die Räu­me über­nom­men und hier sein zehn­tes Ber­li­ner Restau­rant eröff­net: „Fun­ky Fish“ heißt es und ser­viert spa­ni­sche Fisch­ge­rich­te mit einem japa­ni­schen Twist. Eine bekann­te Desi­gne­rin hat den Raum neu aus­ge­stat­tet: frei­ge­leg­te Kas­set­ten­de­cke, dar­un­ter ein Laby­rinth aus blau­en und roten Neon­röh­ren, recht­ecki­ge Regal­ele­men­te aus elo­xier­tem Metall. Man sitzt auf aus­klapp­ba­ren Holz­sche­meln an Hoch­ti­schen und isst Gam­bas à Por­tu­gue­sa für 29 Euro.

Das ist kein Ort mehr für Durch­schnitts­bür­ger, son­dern eine sty­lishe Loca­ti­on für die Sel­fie-Self­mades. Die frü­her nied­ri­ge Schwel­le ist hoch­ge­legt wor­den, hier geht man nicht ein­fach so hin, hier muss man wer sein, um rein­zu­pas­sen ins Design. Was der Hartzler wohl fühlt, wenn er heu­te an sei­nem alten Stamm­lo­kal vor­bei­geht? Wen der Rent­ner, der hier seit vier­zig Jah­ren saß, jetzt wohl wählt? In Ber­lin wird der Platz knapp.

(…)

Zwei Schau­spiel­pre­mie­ren im jah­res­end­zeit­li­chen Ber­lin. Zwei Milieu­stu­di­en. Gro­ße Thea­ter­aben­de sind das nicht. Aber man denkt ein­mal mehr, dass sich die Moral­kämp­fe unse­rer Zeit nicht allein in Debat­ten um Geschlech­ter­ver­hält­nis­se und Netz­aus­bau erschöp­fen dür­fen. Dass es auch um psy­cho­so­zia­le Bin­dungs­mit­tel gehen muss – um bezahl­ba­re Woh­nun­gen, Lebens­at­mo­sphä­re, also um das Kant-Café.

Ähnliche Cafés

 

Café Hardenberg

Das alte Schwes­ter­ca­fé des Kant, an der Har­den­berg­stra­ße gegen­über der TU-Men­sa gele­gen und bis zur Reno­vie­rung 2019 in den glei­chen Far­ben und Stof­fen gehal­ten wie das Kant.

Har­den­berg­stra­ße 10, 10623 Ber­lin
cafe-hardenberg.com

Café au Lait

Auf der glei­chen Sei­te der Kant­stra­ße gele­gen wie das Kant, aber jen­seits der Kreu­zung Wil­mers­dor­fer Stra­ße. Klei­ner als das Kant, aber wenigs­tens Fens­ter zur Straße.

Kant­stra­ße 110, 10627 Ber­lin
au-lait.de

Kant Café

Ja, es gibt wie­der ein Kant. Seit 2018, zwi­schen Kant­stra­ße und Ku’­damm gele­gen und ohne die Pati­na des Kant, aber immer­hin mit Ori­gi­nal­bil­dern aus dem Kant und auch eini­gen ori­gi­na­len Tischen und Stühlen.

Wal­ter-Ben­ja­min-Platz 8, 10629 Ber­lin
kantcafe.de

Lesetipp

Der Mytho­graph: Ein Werk­auf­riss zum 60. Geburts­tag des Schrift­stel­lers Fried­rich Kröhn­ke (mit zahl­rei­chen Bil­dern aus “Kant” und Hardenberg”)

Der ein­zi­ge Ort auf die­ser Welt, an dem man sein kann. Obe­lix wür­de sagen: Der Rest ist gut für Wildschweine.

Hier geht es zur kom­plet­ten Galerie:

2 Kommentare

  1. Eine sehr schö­ne Erin­ne­rung an ein klas­si­sches Ber­li­ner Café. Vie­len Dank die­se Web­site. Ich habe auch einen Hang dazu, alte Geschäf­te zu ver­mis­sen, die der Gen­tri­fi­zie­rung zum Opfer gefal­len sind.

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