Fakten
Kantstraße 135 (Ecke Schlüterstraße)
10625 Berlin-Charlottenburg
Telefon 030 3124679
Milchkaffeepreis: 2,40 € (Stand: 04.09.2010)
Letzter Öffnungstag: 28.02.2017
Ich wollte immer wieder zurück nach Berlin, es hat bloß nicht geklappt. Ich bin in Charlottenburg aufgewachsen, insofern verbringe ich dann viel Zeit dort. Wenn ich mich mit Freunden treffe, dann eher dort, aber es kommt natürlich auch darauf an, wo ich gerade unterwegs bin.
Ich genieße es einfach, in der Stadt zu sein und ich kenne viele Orte und Bezirke in Berlin, sodass ich inzwischen mit vielen Bezirken Sachen verbinde. Aber Charlottenburg ist natürlich mein Bezirk! Das Kant-Café in der Kantstraße ist so ein Ort, das kenne ich noch aus Schulzeiten.
Nach vierzig Jahren muss das bekannte Kant Café an der Kant‑, Ecke Schlüterstraße schließen…
— Bernhard Sommerfeld (@bso2000) March 3, 2017
Linktipps
- http://www2.c‑laudia.net/de/c‑laudia/berlin/kant-cafe/
- https://www.bz-berlin.de/artikel-archiv/kant-cafe
- http://www.hansdieterbaroth.de/html/berliner_notizen_2005_februar.html
- https://www.spiegel.de/politik/deutschland/staatsangehoerigkeitsposse-wie-die-bundesrepublik-mit-artikel-117-eine-juedin-abwimmelt-a-549981.html
31. Dezember 2001: Ein Zeitalter endet. Eine Rechnung über vier Deutsche Mark für einen Milchkaffee.
Da braut sich was zusammen
von Simon Strauss, Frankfurter Allgemeine Zeitung (26.12.2017)
In der Berliner Kantstraße, der rüpeligen kleinen Schwester des Kurfürstendamms, gab es vierzig Jahre lang ein Café: das Kant-Café. Auf abgewetzten Lederbänken, an wackeligen Holztischen konnte man hier für fünf Euro ausführlich frühstücken oder einen Erbseneintopf für 2,80 Euro bekommen. Das Lokal war immer gut besucht, Rentner lasen Zeitungen, Studenten lernten gemeinsam, Sozialempfänger verabredeten sich zu mutmachenden Gesprächen. Anfang des Jahres wurde dem Betreiber gekündigt. Inzwischen hat ein vietnamesischer Gastronom die Räume übernommen und hier sein zehntes Berliner Restaurant eröffnet: „Funky Fish“ heißt es und serviert spanische Fischgerichte mit einem japanischen Twist. Eine bekannte Designerin hat den Raum neu ausgestattet: freigelegte Kassettendecke, darunter ein Labyrinth aus blauen und roten Neonröhren, rechteckige Regalelemente aus eloxiertem Metall. Man sitzt auf ausklappbaren Holzschemeln an Hochtischen und isst Gambas à Portuguesa für 29 Euro.
Das ist kein Ort mehr für Durchschnittsbürger, sondern eine stylishe Location für die Selfie-Selfmades. Die früher niedrige Schwelle ist hochgelegt worden, hier geht man nicht einfach so hin, hier muss man wer sein, um reinzupassen ins Design. Was der Hartzler wohl fühlt, wenn er heute an seinem alten Stammlokal vorbeigeht? Wen der Rentner, der hier seit vierzig Jahren saß, jetzt wohl wählt? In Berlin wird der Platz knapp.
(…)
Zwei Schauspielpremieren im jahresendzeitlichen Berlin. Zwei Milieustudien. Große Theaterabende sind das nicht. Aber man denkt einmal mehr, dass sich die Moralkämpfe unserer Zeit nicht allein in Debatten um Geschlechterverhältnisse und Netzausbau erschöpfen dürfen. Dass es auch um psychosoziale Bindungsmittel gehen muss – um bezahlbare Wohnungen, Lebensatmosphäre, also um das Kant-Café.
Ähnliche Cafés
Café Hardenberg
Das alte Schwestercafé des Kant, an der Hardenbergstraße gegenüber der TU-Mensa gelegen und bis zur Renovierung 2019 in den gleichen Farben und Stoffen gehalten wie das Kant.
Hardenbergstraße 10, 10623 Berlin
cafe-hardenberg.com
Café au Lait
Auf der gleichen Seite der Kantstraße gelegen wie das Kant, aber jenseits der Kreuzung Wilmersdorfer Straße. Kleiner als das Kant, aber wenigstens Fenster zur Straße.
Kantstraße 110, 10627 Berlin
au-lait.de
Kant Café
Ja, es gibt wieder ein Kant. Seit 2018, zwischen Kantstraße und Ku’damm gelegen und ohne die Patina des Kant, aber immerhin mit Originalbildern aus dem Kant und auch einigen originalen Tischen und Stühlen.
Walter-Benjamin-Platz 8, 10629 Berlin
kantcafe.de
Lesetipp
Der Mythograph: Ein Werkaufriss zum 60. Geburtstag des Schriftstellers Friedrich Kröhnke (mit zahlreichen Bildern aus “Kant” und Hardenberg”)
Das Kant-Café hat geschlossen? Berlin ist für mich ein Stückchen mehr gestorben.
— Cuculus Cuculat (@emb_cit) March 21, 2017
Hier geht es zur kompletten Galerie:
Heute vor fünf Jahren war ich das letzte Mal im Kant-Café.
Eine sehr schöne Erinnerung an ein klassisches Berliner Café. Vielen Dank diese Website. Ich habe auch einen Hang dazu, alte Geschäfte zu vermissen, die der Gentrifizierung zum Opfer gefallen sind.